80 C 543/04

AMTSGERICHT AACHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

Kläger

Prozessbevollmächtigte:

gegen

Beklagte

Prozessbevollmächtigte:

hat das Amtsgericht Aachen, Abt. 80
im schriftlichen Verfahren nach § 495 a) ZPO
auf die Einlassungsfrist bis zum 14.01.2005
am18.01.2005 durch die Richterin Brack

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 277,54 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 303,08 € vom 02.10.2004 bis zum 20.10.2004 und aus 277,54 € seit dem 20.10.2004.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a) Absatz 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte, die unstreitig für die Folgen des Unfalls vorn 06.08.2004 zu 100 % haftet, gemäß §§ 7 StVG, 1, 3 Ziffer 1 und 2 PflVG , 249 ff. BGB einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 277,54 €.

Der Kläger kann von der Beklagten Ersatz der UPE-Aufschläge, der Kosten zur Überprüfung des Rades, der Kosten des Stoßfängers, der Entsorgungskosten und der Gutachterkosten verlangen.

Die Höhe des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich nach §§ 249 ff. 8GB. § 249 Abs.2 Satz-1 BGB stellt insofern klar, dass der Geschädigte statt der Naturalresitution auch den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Erforderlich sind dabei diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Bei der Berechnung der im konkreten Schadensfall erforderlichen Reparaturkosten ist nicht auf den Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen und freien Werkstätten einer Region maßgeblich, sondern vielmehr kann auf die fiktiven Kosten einer Reparatur durch eine Fachwerkstatt abgestellt werden (BGH NJW2003,2086, 2087).

  1. UPE-Aufschläge

Dieser Grundsatz muss aber auch für die UPE-Aufschläge gelten. Da der Geschädigte einen Anspruch auf Beseitigung des Schadens in einer Fachwerkstatt hat, so muss der Schädiger ihm auch die UPE-Zuschläge ersetzen, wenn diese in den örtlichen Fachwerkstätten anfallen. Nach dem von dem Kläger eingeholten Privatgutachten und dem unbestrittenen Vortrag des Klägers fallen im Raum Aachen UPE-Zuschläge an. Da der Geschädigte keine Möglichkeit hat, diese Kosten zu vermeiden, sind diese auch im Rahmen der Herstellungskosten zu ersetzten.

Auch wenn, wie hier, fiktive Reparaturkosten abgerechnet werden, besteht dieser Anspruch (Urteil des Landgerichts Aachen vom 27.08.1998- 8 0 154/98-; Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 21.01.1999 „13 U 135/97; LG Aachen DAR 2002, 72; Urteile des AG Aachen vom 16.01.2003 13 C271/02 und vom 03.11.2004 15 C 396/04), An dieser Rechtslage ändert auch die Einfügung von § 249 Abs.2 Satz 2 BGB nichts, wie teilweise vertreten wird (vgl. aber Urteil des AG Aachen vom 29.11.2004 4 C 419/04). In dieser Bestimmung kommt gerade nicht ein allgemeiner Grundsatz dergestalt zum Ausdruck, dass grundsätzlich nur noch die Schadenspositionen abgerechnet werden können, die tatsächlich angefallen sind. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch die eindeutige Formulierung in § 249 Abs.2 Satz 2 BGB gerade nur die Mehrwertsteuer von der Ersatzfähigkeit bei der Abrechnung auf Gutachtenbasis herausnehmen wollen und dies auf anderer Bereiche nicht erstreckt. Der Gesetzgeber spricht insofern von einer behutsamen Korrektur (BT-Drucksache 14/7752, Seite 14).

  1. Überprüfung des Rades

Die in dem Privatgutachten eingestellte Überprüfung des Rades stellt ebenfalls einen ersatzfähigen Schaden dar. Da das Fahrzeug des Klägers bei dem Unfall einen Schlag auf den Reifen hinten links und das Felgenhorn erlitt, muss dieser überprüft werden, bevor eine Reparatur erfolgt. Das Gericht wertet diese Prüfung daher als erforderlich. Auch die in Ansatz gebrachten Kosten in Höhe von 15,52 € hält das Gericht für erforderlich und angemessen. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der Privatgutachter für diese Prüfung  2 AW (10 AW = 1 Stunde) in Ansatz gebracht hat. Da zur Überprüfung des Rades die Felge zunächst zu demontieren ist und anschließend auf einer Wuchtmaschine zu überprüfen ist, hält das Gericht die in Ansatz gebrachten Kosten für erforderlich und angemessen. Das gilt auch für den pro Arbeitsstunde in Ansatz gebrachten Betrag von 77,60 €.

  1. Kosten des Stoßfängers

Auch diese Kosten waren von der Beklagten zu ersetzen. Die von ihr behauptete Vorschädigung des hinteren Stoßfängers führt nicht dazu, dass der Kläger diesbezüglich gar keinen Ersatz mehr verlangen kann. Vielmehr war an der hinteren Stoßstange vor dem Unfall lediglich ein weißer kleiner Farbabrieb. Dies hat der Privatgutachter aber bereits durch einen Abschlag von 20 % bei den Lackierkosten des Stoßfängers berücksichtigt.

  1. Entsorgungskosten

Auch diese kann die Klägerin von der Beklagte ersetzt verlangen. Insofern ist zwischen den Parteien streitig, ob solche Kosten bei einer Reparaturwerkstatt üblicherweise anfallen. Diese werden üblicherweise in Rechnung gestellt und können daher auch von dem Kläger ersetzt verlangt werden (AG Dinslaken NJW-RR, 1719 und AG Augsburg Schaden-Praxis 1998, 393).

  1. Gutachterkosten

Auch diese waren von der Beklagten zu ersetzen. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die streitgegenständliche Rechnung gegenüber dem Privatgutachter beglichen hat oder ob lediglich Naturalrestitution im Wege der Forderungsfreistellung gefordert werden kann. Dem Kläger steht letztlich nämlich gemäß § 250 BGB zumindest ein Zahlungsanspruch zu. Zwar wurde die Beklagte letztlich mit Schreiben vom 24.09.2004 unter Fristsetzung bis zum 01.10.2004 nur zur Zahlung und nicht zur Freistellung aufgefordert. Die Beklagte hat jedoch spätestens mit Klageerwiderung vom 17.11.2004 klar zum Ausdruck gebracht, dass sie die Schadensübernahme insgesamt ablehnt. In diesen Fällen kann der Gläubiger unmittelbar Geldersatz fordern, da die Aufforderung zur Herstellung bloße Förmelei wäre. Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Sinne des § 250 BGB ist bereits entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung von Schadensersatz  oder  Naturalrestitution  ernsthaft  und  endgültig  verweigert (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 250 BGB, Rn.2).

Grundsätzlich hat der Schädiger Gutachterkosten zu ersetzen, soweit die Einholung eines Gutachtens zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (Palandt/Heinrichs, aaO, § 249, Rn.40). Da hier zwischen den Parteien der Schadensumfang streitig war, durfte der Klägerin insofern auch eine ergänzende Stellungnahme des Privatgutachters zu seinem ersten Gutachten einholen. Der Kläger hat mit der Einholung einer ergänzenden Stellungnahme auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, da er diese ergänzende Stellungnahme als erforderlich zur Klärung der zwischen den Parteien streitigen Positionen halten durfte.

Ob das Honorar, das der Privatgutachter für seine Tätigkeit in Rechnung gestellt hat, angemessen ist, konnte das Gericht dabei offenlassen. Bei der Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten ist auf das anerkennenswerte Rechtsverfolgungsinteresse des Geschädigten abzustellen. Er darf sich eines Sachverständigen bedienen, wobei er nicht verpflichtet ist, sich nach dem „günstigsten“ Sachverständigen zu erkundigen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte kann der Geschädigte vielmehr davon ausgehen, dass sich der Sachverständige im Rahmen des ihm eingeräumten billigen Ermessens bei der Bemessung seiner Vergütung hält. Es ist dem Geschädigten nicht zuzumuten, es im Zweifelsfall auf einen Rechtsstreit mit dem Sachverständigen ankommen zu lassen. Insbesondere kann der Laie nicht ohne weiteres abschätzen, welchen Zeit- und Materialaufwand der Sachverständige tatsächlich hat. Solange der Geschädigte keine Hinweise darauf, dass die Sachverständigenkosten völlig aus dem üblichen Rahmen fallen, so kann er diese Kosten von dem Schädiger ersetzt verlangen (Palandt/Heinrichs, aaO, § 249, Rn. 40; OLG Nürnberg VRS 103, 321).

Hier stellte der Sachverständige für sein Tätigwerden 147,90 € in Rechnung. Dabei hat er 1,5 Stunden und einen Stundensatz von 85,00 € zugrundegelegt. Da der Sachverständige den Schadensbericht der DEKRA mit seinem eigenen Gutachten vergleichen musste, hält das Gericht den Stundenanfall für angemessen. Auch der Stundensatz bewegt sich im Rahmen des Marktüblichen. Die Beklagte kann insofern die Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche des Klägers gegen den Sachverständigen wegen überhöhter Rechnung gemäß § 255 BGB verlangen. Ein solche Verlangen hat die Beklagte aber nicht gestellt. Die dem Geschädigten auferlegte Schadensminderungspflicht kann nicht so hoch angesetzt werden, dass der Streit der Haftpflichtversicherung mit dem Sachverständigen auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen wird.

II.

1.

Die Kosten des Rechtsstreits waren nach §§ 91 Abs.1, 91 a) ZPO der Beklagten aufzuerlegen. Soweit der Rechtsstreit in Höhe von 25,54 € übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, waren auch diesbezüglich die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, da sie auch in Höhe dieses Betrages nach dem bisherigen Sach- und Streitstand unterlegen wäre. Denn auch hinsichtlich der Kosten für den Gebläsestutzen stand dem Kläger der Schadensersatzanspruch zu. Da sich der Gebläsestutzen unmittelbar hinter der beschädigten Stoßfängerdecke befand und ebenfalls beschädigt wurde, war dieser auszutauschen.

2.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ § 708 Nr.11, 711, 713 ZPO.

III.

Streitwert:

bis zum 20.10.2004: 303,08 € ab dem 20.10.2004: 277,54 €

Brack

 

Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.