10 O 489/15 |
Verkündet am 24.10.2017
Gorgels, Justizhauptsekretär |
LANDGERICHT AACHEN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
pp.
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen
auf die mündliche Verhandlung vom 12.09.2017
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Wilke als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 12.451,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01 .2017 zu zahlen.
lm Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 7 % und die Beklagten zu 3 %.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten ist das Urteil wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 18.09.2015 gegen 10:45 in Aachen auf dem Adalbertsteinweg ereignete, auf Schadensersatz in Anspruch.
Er war zur fraglichen Zeit Halter des PKW Mercedes Benz mit dem amtlichen Kennzeichen AC-……. und befuhr damit die rechte Fahrspur des Adalbertsteinwegs in Fahrtrichtung Aachen-Brand. Auf dem Beifahrersitz befand sich der Bruder des Klägers, der Zeuge V…… Der Adalbertsteinweg geht an der Unfallstelle in die Trierer Straße über. Neben der rechten Fahrspur verläuft eine Busspur. Auf dieser Busspur stand der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte LKW mit dem amtlichen Kennzeichen BN-……., der von dem Beklagten zu 1) geführt wurde. Er stand dort in einem Abstand von etwa zwei bis drei Fahrzeuglängen zur Lichtzeichenanlage an der Einmündung zur Goerdelerstraße, die Rotlicht zeigte, und beabsichtigte, von der Busspur aus anzufahren. ln der Folgezeit kam es zur Kollision der beiden Fahrzeugen, wobei der genaue Unfallverlauf zwischen den Parteien streitig ist.
Der Kläger begab sich nach dem Unfall in ärztliche Behandlung. Der behandelnde Arzt attestierte dem Kläger unter dem 02.10.2015 eine Cephalgia, G, Brachialgie, G, eine HWS-Distorsion, G, eine Prellung des Thorax, G und eine Schulterprellung links, G. Aufgrund der diagnostizierten Verletzungen sei der Kläger bis einschließlich 02.10.2015 zu 100 % arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Für das Attest bezahlte der Kläger 50,00 €.
Der Kläger holte über die an dem von ihm geführten Fahrzeug entstandenen Schäden ein Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-lng. G……. D…… aus Aachen ein, der unter dem 21.09.2015 Reparaturkosten in Höhe von 10.727,58 € netto und eine Wertminderung von 600,00 € feststellte. Der Sachverständige setzte als Reparaturdauer bei ,,normalem Arbeitsverlauf und sofortiger Ersatzteilbeschaffung ca. 05 Arbeitstage“ an. Mit Schreiben vom 25.09.2015 erklärte der Sachverständige gegenüber dem Kläger u.a.:
,,(„‚)
im Rahmen einer Nachbesichtigung lhres Fahrzeuges nach unserer damaligen Begutachtung konnte festgestellt werden, dass die ursprünglich vorhanden gewesenen Schaeden an lhrem Fahrzeug in der Zwischenzeit beseitigt worden sind. Eine Untersuchung des Fahrzeuges bezüglich Art und Qualität der Reparaturdurchführung wurde nicht vorgenommen.
Für den gewählten Reparatunrueg kann von einer Reparaturdauer von 05 Arbeitstagen ausgegangen werden.
(…)“
Die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers wandten sich mit Schreiben vom 23.09.2015 an die Beklagte zu 2), überreichten das eingeholte Sachverständigengutachten, eine Kopie des Messprotokolls sowie einen Ausdruck aus dem Scheckheft des klägerischen Fahrzeugs und bezifferten den dem Kläger entstandenen Schaden aus Reparaturkosten, Wertminderung, Sachverständigenkosten und Kostenpauschale auf vorläufig 12.451,55 €. ln der Folgezeit kam es zu einem Schriftwechsel zwischen den Bevollmächtigten des Klägers, der D……Group als Eigentümerin des vom Beklagten zu 1) geführten Fahrzeugs, die zunächst mitgeteilt hatte, sie werde das Schadensereignis im Namen und in Vollmacht der Beklagten zu 2) selbst regulieren. Die Bevollmächtigten des Klägers erinnerten darauf hin mehrfach an den Ausgleich der Forderung. Mit Schreiben vom 16.11.2015 wurde von lhnen eine Frist auf den 25.11.2015 gesetzt. Daraufhin teilte die D……… Group mit, der Vorgang sei zur weiteren Bearbeitung jetzt an die Beklagte zu 2) abgegeben worden.
Nachdem der Kläger ursprünglich Zahlung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen begehrt hatte, zahlte er die Sachverständigenkosten in Höhe von 1.098,97 € am 03.03.2016 an den Sachverständigen.
Der Kläger begehrt Ersatz der vom Sachverständigen festgestellten Reparaturkosten, der Wertminderung, der Kosten für das Sachverständigengutachten, einer Kostenpauschale von 25,00 €, der Attestkosten sowie des Nutzungsausfalles in Höhe von 325,00 €. Darüber hinaus verlangt er Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 €.
Er behauptet, er sei Eigentümer des von ihm bei dem Unfall geführten Fahrzeugs, das er am 10.05.2015 zum Preis von 17.900,00 € von seinem Bruder erworben habe. Das Fahrzeug sei vor dem Unfall ausschließlich in einer Mercedes-Benz Vertragswerkstatt gewartet worden.
Der Unfall sei dadurch entstanden, dass der Beklagte zu 1) als er, der Kläger, sich in Höhe des LKW befunden habe, von der Busspur in den fließenden Verkehr gefahren sei. Der Beklagte a) 1) habe das Fahrzeug des Klägers offensichtlich völlig übersehen und das Fahrzeug des Klägers im Anschluss noch ein Stück nach vorne gezogen. Die Fahrzeuge hätten sich ineinander verkeilt.
Der Kläger behauptet, die o.g. attestierten Verletzungen habe er durch den streitgegenständlichen Unfall erlitten. Er hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 € für angemessen.
Noch vor der Begutachtung durch den Sachverständigen sei das Fahrzeug vermessen worden,
Die Kläger beantragt,
-
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 12.826,55 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunktenüber dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.11.2015 zu zahlen;
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.11.2015 zu zahlen;
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunktenüber dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.11.2015 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreiten den vom Kläger vorgetragenen Unfallverlauf. Vielmehr habe der Beklagte zu 1) den Fahrtrichtungsanzeiger nach links betätigt und sich durch Rückschau über den fließenden Verkehr rückwärtigen Verkehr orientiert. Dabei habe er im Seitenspiegel erkannt, dass sich in einer Entfernung von 100 bis 200 m auf dem rechten der insgesamt zwei Fahrstreifen des Adalbertsteinwegs der vom Kläger geführte Mercedes befunden habe. Aufgrund der großen Entfernung sei er mit dem Postauto mit leichtem Lenkeinschlag nach links in Richtung der noch rot zeigenden Lichtzeichenanlage gerollt. lm Seitenspiegel habe er erkannt, dass der Kläger trotz der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage nicht vom Gas gegangen sei und voll auf das Postauto zugehalten habe. Der Beklagte zu 1) habe deshalb abgebremst und nun mit dem Postauto leicht schräg überwiegend auf dem Seitenstreifen und lediglich mit der vorderen linken Seite auf dem rechten Fahrstreifen gestanden, während die Ampel weiterhin Rotlich angezeigt habe. Der Kläger sei sodann ungebremst und völlig ohne Lenkbewegung mit der rechten Seite des Mercedes an dem Postauto vorbeigestreift und habe dabei vor allem die Leiste des Aufbaus getroffen.
Die Beklagten behaupten, der Kläger habe den Zusammenstoß absichtlich herbeigeführt.
Die Beklagten bestreiten, dass ein unfallbedingter Reparaturschaden von 10.727,58 € netto am klägerischen Fahrzeug entstanden sei. Sie bestreiten darüber hinaus, dass der Kläger Eigentümer des betreffenden Fahrzeugs sei. Es mangele deshalb an der erforderlichen Aktivlegitimation.
Die Beklagten bestreiten, dass das klägerische Fahrzeug vor dem Unfall ausschließlich in markengebundenen Fachwerkstätten gewartet worden sei. Nach einem von ihnen eingeholten Prüfbericht könne bei dem Unfall allenfalls ein Reparaturschaden von 5.036,65 € netto entstanden sein. Die Beklagten bestreiten insbesondere, dass bei dem Unfall die vordere rechte Achshälfte des Mercedes mit Lenkgetriebe beschädigt worden sei und habe ausgetauscht werden müssen. Bei Selbstreparatur und fiktiver Abrechnung auf Grundlage eines Gutachtens könne der Kläger zudem keinen fiktiven Nutzungsausfall geltend machen.
Die Beklagten bestreiten, dass der Kläger bei dem Unfall verletzt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen V….. und des sachverständigen Zeugen G….. D….. sowie durch Einholung eines schriftlichen Unfallrekonstruktionsgutachtens und dessen mündliche Erläuterung.
Darüber hinaus wurde der Beklagte zu 1) zur weiteren Sachaufklärung informatorisch angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des lnhalts der informatorischen Anhörung wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 07.06.2016 (Bl. 124 ff d. A.) und 1z.og.zo17 (Bt. 2za ff d. A.) sowie das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. lng. W….M….. vom 19.12.2016 (Bl. 146ff d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat auch in der sache übenruiegend Erfolg,
Der Kläger hat gegen die Beklagten gemäß § 7 Abs. 1, § 17, § 18 StVG i.v.m. § 115 VVG Anspruch auf Ersatz des ihm durch den streitgegenständlichen Verkehrsunfall entstandenen Schadens.
Der Kläger ist aktiv legitimiert. Soweit die Beklagten bestritten haben, dass er Eigentümer des von ihm geführten unfallbeteiligten Fahrzeugs sei, hat er durch Vorlage des Kaufvertrages vom 10.05.2015 (Anlage A 9, Bl. 103 f. d.A.) seine Eigentümerstellung nachgewiesen. Darüber hinaus hat auch der Zeuge V…….. im Rahmen seiner Vernehmung durch das erkennende Gericht bekundet, es treffe zu, dass er,,das Unfallauto“, das einmal ihm gehört habe, an seinen Bruder, den Kläger, verkauft habe. Der Zeuge hat den Verkauf auch durchaus glaubhaft damit begründet, dass es ,,mit zwei Kindern“ mit diesem Fahrzeug ,,etwas schwierig“ geworden sei. Zwar handelt es sich bei dem Zeugen um den Bruder des Klägers. Ein etwaiges besonderes Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits ist bei seiner Vernehmung indes nicht zu Tage getreten, so dass begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht bestehen.
Den Beklagten zu 1) trifft hier die alleinige Verantwortung für das streitgegenständliche Unfallgeschehen. lhm ist ein unfallursächlicher Verstoß gegen § 10 StVO vorzuwerfen. Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der von einem anderen Straßenteil auf die Fahrbahn einfahren will, sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; dies gilt auch für den Fall, dass ein Verkehrsteilnehmer – wie hier der Beklagte zu 1) – von einem Seitenstreifen bzw. Busstreifen (den er mit seinem Fahrzeug im Übrigen hier gar nicht hätte nutzen dürfen) in die Fahrbahn einfährt (vgl. BGH, Urteil vom 25.04.1985 – lll ZR 53/84, VersR 1985, 835). Kommt es – wie hier – im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Einfahren in die Fahrbahn zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, spricht ein Anscheinsbeweis für die schuldhafte und unfallursächliche Verletzung dieser Sorgfaltspflicht (LG Saarbrücken Urt. v. 30.9.2016 – 13 S 68/16, BeckRS 2016, 108786, beck-online).
Diesen Anscheinsbeweis haben die Beklagten nicht zu entkräften vermocht, So hat der Zeuge V……. im Rahmen seiner Vernehmung das Vorbringen des Klägers zum Unfallhergang vollumfänglich bestätigt. Der Zeuge hat bekundet, ,,hinter der Kreuzung habe ich einen gelben Postwagen gesehen.“ Als sie, d.h. der Kläger und der Zeuge, sich mit dem vom Kläger geführten Fahrzeug genähert hätten, sei der Beklagte zu 1),,plötzlich auf unsere Fahrbahn, also auf den Streifen, wo wir drauf waren, gefahren.“ Dabei sei es zu ,,einem heftigen Knall“ gekommen. Der Kläger habe,,als der Herr da auf unsere Fahrspur kam, (…) natürlich gebremst“, aber es sei zu spät gewesen.
Zwar hat der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner informatorischen Anhörung den Unfallhergang anders geschildert, indem er erklärt hat, er habe, als er auf die Fahrbahn auffahren wollte, jemanden von hinten kommen sehen, der ,,aber 200 oder 300 Meter entfernt“ gewesen sei. Er selbst sei dann langsam auf die Ampel zugerollt ,,und auf die Spur“ und habe ,,dann allerdings links im Seitenspiegel“ gesehen, ,,dass das Auto halt nicht vom Gas ging. Er selbst habe dann ,,auf der Bremse“ gestanden. Es sei ja zweispurig gewesen und auf der anderen Fahrbahn auch alles frei und dann habe es geknallt.
Soweit der Beklagte zu 1) mit seinen Darlegungen hat ausdrücken wollen, der Kläger habe ihn etwa lange vor der Kollision sehen können, hätte ausweichen oder verlangsamen und den Unfall vermeiden können, so steht dies im Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen V…….. Sowohl bei dem Zeugen als auch bei dem Beklagten zu 1) kann ein eventuelles Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits nicht ausgeschlossen werden, ohne dass sich jeweils Anzeichen ergeben hätten, die dafür sprächen einer der beiden glaubhaften Aussagen den Vorzug zu geben oder gar den Zeugen oder umgekehrt den Beklagten zu 1) für glaubwürdiger zu halten. Danach liegt insoweit bereits ein non liquet vor, das zu Lasten der Beklagten geht.
Hinzu kommen indes die Feststellungen des vom Gericht mit einer Unfallrekonstruktion beauftragten Sachverständigen Dr. lng. W….. M…… Dieser hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.12.2016 zwar zunächst dargelegt, eine vollständige Rekonstruktion des Unfallgeschehens anhand der vorliegenden lnformationen nicht möglich sei, weil dazu insbesondere Spuren auf der Fahrbahn, welche das Bewegungsverhalten der Fahzeuge im Unfaltvorlauf sowie die fahrbahnbezogene Kollisionsstelle beschreiben könnte, fehlten. Der Sachverständige vermochte jedoch gleichwohl festzustellen, dass ,,ein Unfallhergang, wie von Beklagten-Seite vorgetragen, ( ) unter Berücksichtigung der vorliegenden lnformationen technisch nicht zwanglos erklärt werden“ könne. Ausweislich der Schäden mit vorwiegend streifendem Charakter am Kläger-Fahrzeug und der erkennbaren Umbiegung der Vertikalleiste am Beklagten-LKW nach vorne, lasse sich die auf den Endstellungsfotographien erkennbare Distanz zwischen der Vertikalplanke und der vorderen rechten Ecke des Kläger-PKW mit einem Stillstand des Beklagten-LKW zum Kontaktzeitpunkt nicht widerspruchsfrei erklären. Dies insbesondere dann nicht, wenn der zudem der deutlich schwere Beklagten-LKW zum Kollisionszeitpunkt gebremst gewesen sein soll. Bei einem Anstoß, welcher das gebremste und noch in Kontakt befindliche schwerere Fahrzeug derart nach vorne gestoßen hätte, so der Sachverständige, wären deutlich größere Schäden am Kläger-PKW zu erwarten gewesen. lm Rahmen seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige ferner erläutert, dass er ,,für den Fahrer des Mercedes weder eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit (…), noch eine verspätete Reaktion feststellen könne.
Das Gericht folgt den detaillierten und in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Feststellungen des, dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als besonders erfahren, gründlich und sorgfältig bekannten, Sachverständigen in vollem Umfang.
Zur Überzeugung des Gerichts ist damit von einer alleinigen Verantwortung des Beklagten zu 1) für den vorliegenden Verkehrsunfall auszugehen, während sich das Unfallgeschehen für den Kläger als unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG darstellt.
Der Kläger hat deshalb gegen die Beklagte zunächst Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens in Höhe von 10.727,58 €.
Soweit die Beklagten eingewandt haben, Teile der vom klägerischen Sachverständigen angesetzten Reparaturarbeiten seien nicht unfallbedingt erforderlich, ist dieses Vorbringen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt.
Denn nach der Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dipl.-lng. G….. D…….. steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sowohl die von den Beklagten monierte Beilackierung der Fahrertür als auch die Erneuerung des
Lenkgetriebes unfallbedingt erforderlich waren. lnsoweit hat der sachverständige Zeuge nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, dass bei Metallic-Lackierungen wie der des Klägerfahrzeugs immer auch eine Beilackierung angrenzender Fahrzeugteile erforderlich sei und durchgeführt werde, um sonst auftretende Farbabweichungen zu den unfallbetroffenen Teilen zu vermeiden. Das Fahrzeug habe einen Anstoß auf das rechte Vorderrad erhalten. Laut Messprotokoll sei die Achse verzogen gewesen. Deshalb sei nach Herstellervorgaben aus Sicherheitsgründen ein Austausch des Lenkgetriebes vorzunehmen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen haben sich im Rahmen seiner Vernehmung nicht ergeben. Das Gericht folgt deshalb seinen in jeder Hinsicht nachvollziehbaren Bekundungen. Dies gilt auch, was das – von Beklagtenseite bestrittene – Nichtvorliegen von Vorschäden angeht. Der Zeuge hat dazu glaubhaft bekundet, das Fahrzeug sei umfassend fotografiert worden. Er habe keine Vorschäden erkannt.
Der Kläger hat auch Anspruch auf Ersatz der vom Sachverständigen festgestellten Kosten. Soweit die Beklagten sich gegen die angesetzten Stundensätze einer Marken-Werkstatt gewandt haben, so steht dem Kläger dieser Ersatz gleichwohl zu. Denn er hat durch entsprechende Belege nachgewiesen, dass das Fahrzeug zuvor stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet worden ist. Dies hat auch der sachverständige Zeuge D……. vollumfänglich bestätigt.
Anspruch hat der Kläger damit ferner auf Ersatz einer allgemeinen Unkostenpauschale von 25,00 € sowie der von ihm aufgewandten Sachverständigenkosten in geltend gemachter Höhe.
Demgegenüber kann der Kläger keinen Nutzungsausfallersatz verlangen, weil er einen diesbezüglichen Anspruch nicht schlüssig dargelegt hat. Denn bei Durchführung der Reparatur in Eigenarbeit kommt insoweit eine Abrechnung auf Gutachtenbasis nicht in Betracht. Hierzu reicht auch das nachträgliche Schreiben des Sachverständigen D…….. nicht aus. Vielmehr hätte der Kläger konkret darlegen und unter Beweis stellen müssen, wie, wann und über welchen Zeitraum das Fahrzeug repariert wurde. Denn entsprechende Erfahrungswerte bzw. Schätzungen eines Sachverständigen, die sich auf Reparaturzeiten bei Mercedes-Werkstätten beziehen, lassen keinen hinreichenden Rückschluss darauf zu, wie lange die Reparatur hier tatsächlich gedauert hat.
Es besteht auch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld.
Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vom Kläger behaupteten, o.g. Verletzungen nicht durch den streitgegenständlichen Unfall herbeigeführt worden sein können. lnsoweit hat nämlich der Sachverständige Dr. lng. M…… im Rahmen seiner mündlichen Anhörung dargelegt, dass hier von einer Kollisionsgeschwindigkeit von 5,8 am Beklagtenfahrzeug zu 6,8 bei dem anderen Fahrzeug auszugehen sei. Das bedeute für das Klägerfahrzeug eine Geschwindigkeitsänderung unter 1 kmlh. Der Sachverständige hat dies plastisch damit erläutert, dass bei diesen Geschwindigkeiten eine Kollision so wirke, ,,wie sich in das Fahrzeug reinsetzen.“ Hierdurch können Verletzungen, wie sie der Kläger behauptet, nicht verursacht worden sein. Deshalb besteht auch kein Anspruch auf Ersatz von Attestkosten.
Ein Zinsanspruch des Klägers besteht nur ab Rechtshängigkeit gemäß § 291 BGB. Einen früheren Verzug hat der Kläger nicht darzulegen vermocht. Denn nach eigenem Vorbringen erfolgte das vorprozessuale Aufforderungsschreiben mit Fristsetzung nicht gegenüber den Beklagten, sondern vielmehr gegenüber der D……. Group, die nicht Partei des Rechtsstreits ist. Einen Verzug der Beklagten vermochte das Schreiben bzw. der fruchtlose Ablauf der darin gesetzten Frist mithin nicht zu begründen.
Mangels Verzuges besteht auch kein Anspruch auf Ersatz vorgerichlicher Rechtsanwaltskosten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11 , 709, 711 ZPO.
Streitwert: 13.326,55€
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
- wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
- wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrlft muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Die Einlegung eines Rechtsmittels/Rechtsbehelfes ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich, die über das Elektronische Gerichts- und Venrualtungspostfach erreichbar ist. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein. Weitere lnformationen erhalten Sie auf der lnternetseite www.iustiz.nrw.de.
Wilke
Quelle: Urteil des Landgericht Aachen vom 24.10.2017, Az.: 10 O 489/15